Samstag, 31. Januar 2009

Gastrecht für Alle in einer globalisierten Welt - Partner des EED und von BfdW diskutieren über nachhaltige Entwicklung

Welche sind die entscheidenden Weichenstellungen für eine zukunftsfähige Wirtschafts- und Lebensweise? Nachdem EED und Brot für die Welt Ende 2008 zusammen mit dem BUND die Studie „Zukunftsfähiges Deutschland“ herausgegeben haben, beginnt mit dem Weltsozialforum der Austausch mit den Partnern der Hilfswerke darüber, ob wir zu gemeinsamen Vorstellungen dazu gelangen, wie wir in Zukunft leben und arbeiten, produzieren und konsumieren, Handel treiben und Energie erzeugen müssen, um weiteren Generationen die Zukunft nicht zu verbauen. Die Partner der Hilfswerke würden, kämen sie alle zusammen, ein eigenes kleines Weltsozialforum bilden. Am Abend des 31.1. sind in der Lutherischen Gemeinde von Belém freilich vor allem Menschen aus Mittel- und Südamerika, Afrika und Deutschland zusammen getroffen, mehr als 100 Menschen aus Basisbewegungen, NRO, Kirchen und Wissenschaft.

Energie muss teurer werden, sonst gibt es keine Anreize für eine Wende zur Reduktion des Verbrauchs“ schlägt Reinhard Benhöfer von der Evangelisch-lutherischen Kirche Hannovers vor. Nur so könnten die Anstrengungen, auf solare Quellen umzusteigen, intensiviert werden. Dass das nicht nur für Deutschland gesagt war, sondern für Alle gelten würde, haben die Diskutanten vielleicht gar nicht wahrgenommen. Jedenfalls wird deutlich, dass wir zu diesem zentralen Aspekt einer nachhaltigen Energieversorgung Zurückhaltung erleben werden. Auch ein anderes Thema mit Sprengkraft wird nicht aufgenommen: Wie viel ökonomisches Wachstum, das den Ressourcenverbrauch in die Höhe treibt, wird noch möglich sein? Ist der Gipfel schon erreicht?

Dr. Walter Marschner von der Universität Grande Dourados erinnert daran, dass sich 80 % der Menschen als homo sapiens sapiens verhalten: Sie leben und verbrauchen so, dass die klimatischen Bedingungen nicht beeinträchtigt und die natürlichen Ressourcen noch lange reichen würden. 20 % allerdings bildeten die Klasse des homo sapiens globalis: Sie vergeuden und verschmutzen. Selbstkritisch fragt er aber auch an, warum das tropische Land Brasilien so gar nicht auf solare Energiequellen setze.

„Von den Europäern haben wir gelernt: Mein Bruder bin ich selbst“, erklärt uns Dr. Idrissa Embola aus Guinea-Bissau. Diese Denk- und Lebensweise sei nach dem Fall der Berliner Mauer anscheinend endgültig dabei, sich durchzusetzen. Das Wissen der Dorfgemeinschaften, zusammen zu überleben und einfach zu leben, sei in Afrika aber noch erhalten. Ob die losgetretene Lawine in seinem Kontinent aber noch aufzuhalten sei, sei fraglich: Die europäischen Konsumstandards seien zu verlockend.

Nach den Werten, die die Wirtschaft leiten, fragt auch die brasilianische Soziologin Maria Emilia Pacheco: Die Vermarktung des gesamten Lebens führe zwangsläufig dazu, sich im Konsum überbieten zu wollen. Es sei genau darauf zu achten, wer sich Ressourcen sichere.

Kontroversen sind an diesem Abend noch kaum aufgetreten – verhalten erinnert ein Diskutant aus Mozambique daran, dass die afrikanischen Böden überwiegend schlecht sein, dass eine Verbesserung der Anbaumethoden dringend erforderlich sei, um die Menschen in Afrika zu ernähren. Solche Diskurse werden die Hilfswerke mit ihren Partnern angehen müssen: Welche Bedarfe gibt es anderswo, die nicht so leicht abzustreiten sind, welche verschiedenen Wege müssen einzelne Länder in Anbetracht der extrem unterschiedlichen Entwicklung einschlagen? Die großen gegenwärtigen Krisen, so fasst Wilfried Steen vom Evangelischen Entwicklungsdienst die Diskussion zusammen, zwingen uns dazu, nachzudenken wie das „Gastrecht für Alle“ gewährleistet werden kann.

Jürgen Reichel

Keine Kommentare: