Nach Recherchen von Francisco Mari (EED) exportiert Brasilien gegenwärtig jährlich 100.000 t Hühnerbrüste nach Deutschland. Grund sind die veränderten Essgewohnheiten in Deutschland. Die Filetstücke werden bevorzugt gegessen und für das restliche Hühnerfleisch gibt es keine Verwertung mehr. Geht man davon aus, dass ein Huhn durchschnittlich 1,5 kg wiegt, müssen für die 100.000 t Hühnerbrüste 500 Millionen Hühner geschlachtet werden. Was passiert mit dem restlichen Hühnerfleisch?
Ein Teil dieses „Überschusses“ wird tief gefroren nach Afrika exportiert und landet dort auf den lokalen Märkten. Oft ist das Fleisch eigentlich ungenießbar geworden, da die Kühlkette unzuverlässig ist. Trotzdem wird es noch verkauft. Die Preise liegen unter denen des lokalen Marktes. Zu diesen Preisen können die Bauern in Afrika kein Hühnerfleisch liefern. Die Folge ist, dass zum Beispiel in Kamerun innerhalb von fünf Jahren 100.000 Produzenten von Hühnerfleisch Bankrott gegangen sind. Viele sind arbeitslos geworden. Familien haben ihr Einkommen verloren, müssen hungern und die Kinder können nicht mehr zur Schule gehen.
Diesen Zusammenhängen von Agrarexporten und dem Verlust von Ernährungssouveränität in den Importländern ist eine Veranstaltung des EED auf dem Weltsozialforum nachgegangen. „Wir sind Menschen die eine Würde haben! Wir haben ein Recht auf Gerechtigkeit! Bitte hört auf, uns eure Fleischreste zu schicken!“ – so der Zwischenruf eines Besuchers aus Afrika während der Veranstaltung. Dass dies nicht so einfach ist, machte ein Zuhörer aus Brasilien deutlich: es sind oft Kleinproduzenten die sich zur Lieferung des Hühnerfleisches an die Exportfirmen verpflichtet haben und hoch verschuldet sind. Sie müssen ihren Verpflichtungen nachkommen und müssen sich die Preise zu denen sie liefern, diktieren lassen. Aus diesem Kreislauf können sie nicht so ohne weiteres aussteigen.
Drei Handlungsoptionen konnten in der Veranstaltung trotzdem aufgezeigt werden:
- Verzicht auf den ausschließlichen Konsum von Hühnerbrust;
- Die afrikanischen Länder müssen das Recht bekommen, ihre Märkte durch Einfuhrzölle schützen zu dürfen (so schützt etwa Japan mit einem 400% Einfuhrzoll auf Reis die Produktion im eigenen Land);
- Es braucht Gesetze in den Importländern, die die Exporteure für den Verkauf von verdorbenem Fleisch zur Verantwortung ziehen.
Viele junge Menschen nehmen an dem Weltsozialforum teil. Einige von ihnen übernachten in einem großen Zeltcamp. Unter diesen klimatischen Bedingungen, der Hitze, den tropischen Regengüssen und der hohen Luftfeuchtigkeit haben sie meine Hochachtung und mein Mitgefühl!
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