Beim Weltsozialforum haben die thematischen Versammlungen am 1. Februar, dem Abschlusstag der Veranstaltung, Erklärungen abgegeben - ein Novum in der Geschichte des Forums. Besondere Aufmerksamkeit hat die Erklärung der indigenen Völker (Declaración de los pueblos indígenas) gefunden. Die Texte liegen in den jeweiligen Originalsprachen, Portugiesisch, Spanisch und/oder Englisch vor.
Die Dokumente sind auf der Internetseite des Evangelischen Entwicklungsdienstes zu finden.
Freitag, 6. Februar 2009
Dienstag, 3. Februar 2009
Deregulierung, Solidarökonomie, Akkumulationskrise oder Sozialismus
Im Mittelpunk des Forums stand inhaltlich, zumindest für Medien und „alte“ Hasen der Bewegung, eine Antwort auf die wechselweise „Trikrise (Finanz-, Klima-, Nahrungskrise) oder gleich „Große Zivilisationskrise“ genannte ökonomische Erscheinung. Gefragt wurde nur, ob wir uns chancenreich oder apokalyptisch auf die Krise zu bewegen.
„Davos tot – Belém tanzt Samba“ hat natürlich vielen, die seit der Asienkrise 1997 genau das vorhergesehen haben, doch viel Genugtuung verschafft – seht her wir haben Recht gehabt! Man möchte traurig hinzufügen – leider! Die Analyse, ob es sich um eine klassische Überproduktionskrise, um eine neomarxistische Akkumulationskrise oder doch nur neokeynesianisch um eine Deregulierungskrise handelt, gingen zwar auseinander in Belém, aber einig war man sich, dass die „Linke Legitimationskrise“ seit dem Sturz der Berliner Mauer vorbei ist. Tatsächlich klingen die Vorschläge auf den Veranstaltungen nach Trockenlegung der Steueroasen, Verstaatlichung der Banken, demokratischer Kontrolle der Großkonzerne, etc. heute nach einem Bewerbungsschreiben bei Finanzminister Steinbrück. Aber auch der alte „Menschheitstraum“ nach Überwindung des kapitalistischen Systems und der Ruf nach einem Sozialismus des 21. Jahrhunderts sind wieder hoffähig geworden.
Und das zu Recht. Dennoch stellen sich Menschen aus afrikanischen und den ärmsten asiatischen Ländern, aber auch Vertreter von Basisorganisationen, die mit den Ärmsten und Verletzlichsten in Schwellenländern wie Brasilien leben und arbeiten, die Frage, ob tatsächlich diese Drei- Vier oder Fünffachkrise die Chance bietet, durch eine Systemüberwindung für immer Schluss zu machen mit Hunger, Armut und Rechtlosigkeit.
Ich glaube, dass wir sehr schnell erleben werden, dass es gerade diese Menschen in den ärmsten Ländern sein werden, die zu allererst wieder die Opfer sind. Schon jetzt nimmt täglich die Zahl der Hungernden zu, weil deregulierte Staatssysteme keinen Schutz bieten. Kein afrikanisches Land kann aus der Portokasse mehrere Milliarden zur „Konjunkturbelebung“ ausschütten. Wenn Turbinen in den staatlichen Kraftwerken kaputtgehen, dann sind Kredite für neue kaum oder nur zu hohen Zinsen zu erhalten. Die wenigen Devisenüberschüsse der letzten Jahre regelmäßigen Wachstums wurden schon für Nahrungskäufe im Frühjahr 2008 aufgebraucht. Viele der gerade entschuldeten Staaten nehmen wieder Geld auf, um die allernotwendigsten sozialen Dienste aufrecht zu erhalten, und das zu horrenden Zinsen. Warum diese Krise existiert, wie wir sie bezeichnen, wie sie entstanden ist, interessiert in Afrika kaum jemanden, sie haben sie nicht verursacht und ihnen ist es egal, wie man sie nennt. Afrikas Menschen werden sie zu spüren bekommen und dafür bezahlen müssen. Von einem Morgen im Sozialismus des 21 Jahrhunderts mögen sie träumen, vom erneuten Rückfall in schlimmste Hungerzeiten sind sie heute bedroht. Aber auch davon war in Belém zu hören. Denkanstöße zur Zukunft Afrikas aus dem letzten Weltsozialforum in Nairobi wurden weiter entwickelt und in Belém in Debatten eingebracht. Wenige Stimmen zwar, aber doch ausreichend und am meisten doch durch die kirchlichen Werke wie dem EED und Brot für die Welt mit ihren langjährigen engen Beziehungen zu afrikanischen Partnern. Dennoch ist dieser Austausch zwischen den vermeintlichen Visionären einer besseren Zukunft und den Aktiven und Schwachen einer miserablen Gegenwart eine der zivilisatorischen Leistungen der Idee des Weltsozialforums. Ja, Belém war ein Treff der Weltmeinungen und ein Grund, Samba zu tanzen, noch besser wäre es in Zukunft, zusätzlich auch Davos, den Ort des Weltwirtschaftsforums zum Tanzen zu bringen.
Francisco Marí
„Davos tot – Belém tanzt Samba“ hat natürlich vielen, die seit der Asienkrise 1997 genau das vorhergesehen haben, doch viel Genugtuung verschafft – seht her wir haben Recht gehabt! Man möchte traurig hinzufügen – leider! Die Analyse, ob es sich um eine klassische Überproduktionskrise, um eine neomarxistische Akkumulationskrise oder doch nur neokeynesianisch um eine Deregulierungskrise handelt, gingen zwar auseinander in Belém, aber einig war man sich, dass die „Linke Legitimationskrise“ seit dem Sturz der Berliner Mauer vorbei ist. Tatsächlich klingen die Vorschläge auf den Veranstaltungen nach Trockenlegung der Steueroasen, Verstaatlichung der Banken, demokratischer Kontrolle der Großkonzerne, etc. heute nach einem Bewerbungsschreiben bei Finanzminister Steinbrück. Aber auch der alte „Menschheitstraum“ nach Überwindung des kapitalistischen Systems und der Ruf nach einem Sozialismus des 21. Jahrhunderts sind wieder hoffähig geworden.
Und das zu Recht. Dennoch stellen sich Menschen aus afrikanischen und den ärmsten asiatischen Ländern, aber auch Vertreter von Basisorganisationen, die mit den Ärmsten und Verletzlichsten in Schwellenländern wie Brasilien leben und arbeiten, die Frage, ob tatsächlich diese Drei- Vier oder Fünffachkrise die Chance bietet, durch eine Systemüberwindung für immer Schluss zu machen mit Hunger, Armut und Rechtlosigkeit.
Ich glaube, dass wir sehr schnell erleben werden, dass es gerade diese Menschen in den ärmsten Ländern sein werden, die zu allererst wieder die Opfer sind. Schon jetzt nimmt täglich die Zahl der Hungernden zu, weil deregulierte Staatssysteme keinen Schutz bieten. Kein afrikanisches Land kann aus der Portokasse mehrere Milliarden zur „Konjunkturbelebung“ ausschütten. Wenn Turbinen in den staatlichen Kraftwerken kaputtgehen, dann sind Kredite für neue kaum oder nur zu hohen Zinsen zu erhalten. Die wenigen Devisenüberschüsse der letzten Jahre regelmäßigen Wachstums wurden schon für Nahrungskäufe im Frühjahr 2008 aufgebraucht. Viele der gerade entschuldeten Staaten nehmen wieder Geld auf, um die allernotwendigsten sozialen Dienste aufrecht zu erhalten, und das zu horrenden Zinsen. Warum diese Krise existiert, wie wir sie bezeichnen, wie sie entstanden ist, interessiert in Afrika kaum jemanden, sie haben sie nicht verursacht und ihnen ist es egal, wie man sie nennt. Afrikas Menschen werden sie zu spüren bekommen und dafür bezahlen müssen. Von einem Morgen im Sozialismus des 21 Jahrhunderts mögen sie träumen, vom erneuten Rückfall in schlimmste Hungerzeiten sind sie heute bedroht. Aber auch davon war in Belém zu hören. Denkanstöße zur Zukunft Afrikas aus dem letzten Weltsozialforum in Nairobi wurden weiter entwickelt und in Belém in Debatten eingebracht. Wenige Stimmen zwar, aber doch ausreichend und am meisten doch durch die kirchlichen Werke wie dem EED und Brot für die Welt mit ihren langjährigen engen Beziehungen zu afrikanischen Partnern. Dennoch ist dieser Austausch zwischen den vermeintlichen Visionären einer besseren Zukunft und den Aktiven und Schwachen einer miserablen Gegenwart eine der zivilisatorischen Leistungen der Idee des Weltsozialforums. Ja, Belém war ein Treff der Weltmeinungen und ein Grund, Samba zu tanzen, noch besser wäre es in Zukunft, zusätzlich auch Davos, den Ort des Weltwirtschaftsforums zum Tanzen zu bringen.
Francisco Marí
WSF 2011
Der Internationale Rat des WSF tut sich mit der Entscheidung für den nächsten Austragungsort schwer. In drei Sitzungen, Berlin 2007 sowie Abuja und Kopenhagen 2008, ist den Afrikanern zugesichert worden: Das nächste Forum 2011 geht nach Afrika. Die im Rat vertretenen Organisationen aus diesem Kontinent sollten für die Sitzung im Anschluss an Belém einen gemeinsamen Vorschlag unterbreiten.
Ein solcher liegt nicht vor, wohl aber die entschiedene Zusicherung der etwa ein Dutzend afrikanischen Ratsmitglieder, das Forum in ihren Kontinent einladen zu wollen. Außerdem die Einengung auf zwei mögliche Gastgeberländer: Senegal und Südafrika, verbunden mit der Bitte, dem Prozess einer endgültigen Festlegung bis April 2009, der nächsten Sitzung des Rates in Marokko, Zeit zu geben.
Auch wenn der Rat diesem Vorschlag am Ende folgte: Der Weg dahin war hart. Zu verlockend schien es, angesichts der Wirtschafts- und Finanzkrise und der neuen politischen Konstellationen in den USA ein Forum 2011 in Nordamerika - Mexico, USA oer Kanada - auszurufen. Ein wenig geisterhaft aber auch die quälende Diskussion - denn wer weiß heute, ob 2011 die jetzige Krise Thema sein wird.
Ein solcher liegt nicht vor, wohl aber die entschiedene Zusicherung der etwa ein Dutzend afrikanischen Ratsmitglieder, das Forum in ihren Kontinent einladen zu wollen. Außerdem die Einengung auf zwei mögliche Gastgeberländer: Senegal und Südafrika, verbunden mit der Bitte, dem Prozess einer endgültigen Festlegung bis April 2009, der nächsten Sitzung des Rates in Marokko, Zeit zu geben.
Auch wenn der Rat diesem Vorschlag am Ende folgte: Der Weg dahin war hart. Zu verlockend schien es, angesichts der Wirtschafts- und Finanzkrise und der neuen politischen Konstellationen in den USA ein Forum 2011 in Nordamerika - Mexico, USA oer Kanada - auszurufen. Ein wenig geisterhaft aber auch die quälende Diskussion - denn wer weiß heute, ob 2011 die jetzige Krise Thema sein wird.
Montag, 2. Februar 2009
Belém: Als Amazonisches Forum Note 1, als "Welt“-Sozialforum Note 4
Der Internationale Rat des WSF hat am 2.2. eine Auswertung des abgeschlossenen Forums in Belém vorgenommen.
Quintessenz: Das Amazonische Forum hat alle Erwartungen erfüllt. Abstriche mussten bei der Internationalität gemacht werden.
Die Erwartungen an die Mobilisierung der indigenen Völker des Amazonasbeckens haben sich erfüllt. Ihre Präsenz war beeindruckend. Sie konnten ihre Anliegen zum Ausdruck bringen und auf die Besorgnis erregende Bedrohung ihrer Lebenswelt hinweise. Für sie ist das WSF in Belém zum Ort geworden, an dem sie ihr Selbstbewusstsein vor der ganzen Nation und einer internationalen Öffentlichkeit zum Ausdruck bringen konnten. Auch die Quilombos, Siedlungen, die sich ehemals aus geflüchteten Sklaven, gegründet hatten, haben das Forum mit geprägt. Mehr als 1.500 Quilombolas sind nach Belém gekommen. Die sozialen Bewegungen, allen voran die der Landlosen, waren unübersehbar.
Die Bewohner des riesigen Amazonasbeckens haben somit trotz der enormen Entfernungen, der logistischen Herausforderungen und ihrer Armut die Plattform des Forums angenommen. Die Erwartungen, dass sich im Amazonasbecken die Belastungen einer forcierten Wirtschaftentwicklung für die Umwelt und die Bevölkerung besonders gut zeigen lassen, haben sich erfüllt. Indigene, Quilombolas, Kleinbauern und –bäuerinnen und die Flussfischer konnten eindrücklich nachweisen, dass sie in der Lage wären, die ökologischen Systeme zu schützen und den sozialen Zusammenhalt zu gewährleisten.
Besonders beeindruckend ist es gewesen, wie viele junge Menschen das Forum geprägt haben. Der Internationale Rat ist erfreut darüber, dass eine neue Generation das Forum als sein eigenes übernommen hat. Die Jugendvertreter beklagen allerdings, dass die Jugend –wie die indigenen Völker auch – keine Vertretung im Internationalen Rat hat.
Unerträglich war die Ausgrenzung der Bewohner der an die Tagungsorte angrenzenden Slums. Sie sind durch die Einlasskontrollen vom Forumsgelände ferngehalten worden. Um bessere Zugänge zu den beiden gastgebenden Universitäten zu erhalten, waren Siedlungszeilen geräumt und Straßen verbreitert worden. Die Stadt Belém und der Bundesstaat Pará haben sich teilweise nur unwillig mit dem Organisationskomitee abgestimmt; Grundanliegen des WSF, wie zum Beispiel die Offenheit des Forums für Alle, sind dadurch gefährdet worden.
Ganz problematisch ist das Auseinanderklaffen von Anspruch und Wirklichkeit angesichts des Müllbergs, den das Forum angerichtet hat und der Abfallflut, die sich über die Veranstaltungsgelände ergossen hat. Eine eigene Nachhaltigkeitsstrategie des Forums ist überfällig.
Das „Amazonische Forum“ ist zwar gelungen. Ein „Welt“-Sozialforum ist Belém aber nur ansatzweise gewesen. Am ehesten noch dadurch, dass Problematiken und Auseinandersetzungen des Amazonasbeckens illustrieren, wie eine globalisierte Wirtschaft Räume und Menschen vereinnahmt. Die internationale Präsenz aber war schwach. Ganze Großregionen sind kaum vertreten gewesen: Afrika, Asien, der arabische Raum, Osteuropa.
Einen ganz entscheidenden Fortschritt haben die „Assambleias", die thematischen Versammlungen, des letzten Tages erbracht: Sie waren überwiegend gut vorbereitet und stark besucht. Fast alle haben Konsenspapiere verabschiedet, die demnächst ins Netz eingestellt werden und die der Internationale Rat diskutieren wird. Diese Kundgebungen sind wichtige Orientierungspunkte für Strategien der weltweiten Zivilgesellschaft, sich für eine „andere Welt“ einzusetzen.
Die Anwesenheit der fünf Staatsoberhäupter von Brasilien, Ecuador, Bolivien, Paraguay und Venezuela wertet das Forum auf. Sie haben die Leitlinien des Internationalen Rates beachtet: Keine Auftritte auf dem Forumsgelände, keine Großveranstaltungen während der Tagungszeiten 8.30 bis 18.00 Uhr. Bei keinem der Treffen mit Regierungschefs hat es allerdings einen Diskurs gegeben; die Selbstdarstellung der Präsidenten hat großen Raum eingenommen. Hier entstehen Fragen über das anzustrebende Verhältnis des Forums zu Regierungen. Einige Mitglieder des Rates wünschen demgegenüber eine viel engeres Miteinander von Zivilgesellschaft und „Regierungen, die von sozialen Bewegungen getragen werden".
Jürgen Reichel
Quintessenz: Das Amazonische Forum hat alle Erwartungen erfüllt. Abstriche mussten bei der Internationalität gemacht werden.
Die Erwartungen an die Mobilisierung der indigenen Völker des Amazonasbeckens haben sich erfüllt. Ihre Präsenz war beeindruckend. Sie konnten ihre Anliegen zum Ausdruck bringen und auf die Besorgnis erregende Bedrohung ihrer Lebenswelt hinweise. Für sie ist das WSF in Belém zum Ort geworden, an dem sie ihr Selbstbewusstsein vor der ganzen Nation und einer internationalen Öffentlichkeit zum Ausdruck bringen konnten. Auch die Quilombos, Siedlungen, die sich ehemals aus geflüchteten Sklaven, gegründet hatten, haben das Forum mit geprägt. Mehr als 1.500 Quilombolas sind nach Belém gekommen. Die sozialen Bewegungen, allen voran die der Landlosen, waren unübersehbar.
Die Bewohner des riesigen Amazonasbeckens haben somit trotz der enormen Entfernungen, der logistischen Herausforderungen und ihrer Armut die Plattform des Forums angenommen. Die Erwartungen, dass sich im Amazonasbecken die Belastungen einer forcierten Wirtschaftentwicklung für die Umwelt und die Bevölkerung besonders gut zeigen lassen, haben sich erfüllt. Indigene, Quilombolas, Kleinbauern und –bäuerinnen und die Flussfischer konnten eindrücklich nachweisen, dass sie in der Lage wären, die ökologischen Systeme zu schützen und den sozialen Zusammenhalt zu gewährleisten.
Besonders beeindruckend ist es gewesen, wie viele junge Menschen das Forum geprägt haben. Der Internationale Rat ist erfreut darüber, dass eine neue Generation das Forum als sein eigenes übernommen hat. Die Jugendvertreter beklagen allerdings, dass die Jugend –wie die indigenen Völker auch – keine Vertretung im Internationalen Rat hat.
Unerträglich war die Ausgrenzung der Bewohner der an die Tagungsorte angrenzenden Slums. Sie sind durch die Einlasskontrollen vom Forumsgelände ferngehalten worden. Um bessere Zugänge zu den beiden gastgebenden Universitäten zu erhalten, waren Siedlungszeilen geräumt und Straßen verbreitert worden. Die Stadt Belém und der Bundesstaat Pará haben sich teilweise nur unwillig mit dem Organisationskomitee abgestimmt; Grundanliegen des WSF, wie zum Beispiel die Offenheit des Forums für Alle, sind dadurch gefährdet worden.
Ganz problematisch ist das Auseinanderklaffen von Anspruch und Wirklichkeit angesichts des Müllbergs, den das Forum angerichtet hat und der Abfallflut, die sich über die Veranstaltungsgelände ergossen hat. Eine eigene Nachhaltigkeitsstrategie des Forums ist überfällig.
Das „Amazonische Forum“ ist zwar gelungen. Ein „Welt“-Sozialforum ist Belém aber nur ansatzweise gewesen. Am ehesten noch dadurch, dass Problematiken und Auseinandersetzungen des Amazonasbeckens illustrieren, wie eine globalisierte Wirtschaft Räume und Menschen vereinnahmt. Die internationale Präsenz aber war schwach. Ganze Großregionen sind kaum vertreten gewesen: Afrika, Asien, der arabische Raum, Osteuropa.
Einen ganz entscheidenden Fortschritt haben die „Assambleias", die thematischen Versammlungen, des letzten Tages erbracht: Sie waren überwiegend gut vorbereitet und stark besucht. Fast alle haben Konsenspapiere verabschiedet, die demnächst ins Netz eingestellt werden und die der Internationale Rat diskutieren wird. Diese Kundgebungen sind wichtige Orientierungspunkte für Strategien der weltweiten Zivilgesellschaft, sich für eine „andere Welt“ einzusetzen.
Die Anwesenheit der fünf Staatsoberhäupter von Brasilien, Ecuador, Bolivien, Paraguay und Venezuela wertet das Forum auf. Sie haben die Leitlinien des Internationalen Rates beachtet: Keine Auftritte auf dem Forumsgelände, keine Großveranstaltungen während der Tagungszeiten 8.30 bis 18.00 Uhr. Bei keinem der Treffen mit Regierungschefs hat es allerdings einen Diskurs gegeben; die Selbstdarstellung der Präsidenten hat großen Raum eingenommen. Hier entstehen Fragen über das anzustrebende Verhältnis des Forums zu Regierungen. Einige Mitglieder des Rates wünschen demgegenüber eine viel engeres Miteinander von Zivilgesellschaft und „Regierungen, die von sozialen Bewegungen getragen werden".
Jürgen Reichel
Lokalradios: überzeugender Beitrag moderner Entwicklungszusammenarbeit
Die Presseagentur Agencia Pulsar ist Teil eines weltweiten Netzwerkes für kommunale Radios (AMARC), die eine alternative Berichterstattung verfolgen. Sitz der internationalen Organisation ist in Montreal;
die Dependance für Brasilien arbeitet in Rio de Janeiro und für die spanischsprachigen Länder Lateinamerikas in Buenos Aires.
Hier werden soziale und politische Themen und Ereignisse so aufbereitet, dass sie von den angeschlossenen Sendern problemlos übernommen werden können: etwa sieben Nachrichten täglich zur Übertragung und zum Download, dazu fünf kleinere Reportagen -- auch in Audio-Fassung -- sowie Sonderberichte wie derzeit vom Weltsozialforum. Die Agencia Pulsar erweitert also die lokale Berichterstattung, indem sie wichtige Informationen allgemein aufbereitet, für den Austausch von Erfahrungen sorgt und in solcher Weise vernetzt, dass dezentrale Strukturen gestärkt werden. So trägt die Agentur zur Demokratisierung bzw. zur Stärkung der Rechte von Bürgerinnen und Bürgern bei.
Die Agencia Pulsar hat für ihre Arbeit eine Fachkraft des Evangelischen Entwicklungsdienstes gewonnen. Andreas Behn, ein Journalist aus Deutschland, arbeitet seit 2005 in Rio de Janeiro. Die wichtigsten Themen sind für ihn: Demokratisierung der Kommunikation, regionale Integration in Lateinamerika und internationale Handelsbeziehungen.
Die lokale Ebene durch Kommunikation stärken, Öffentlichkeit für wichtige Themen herstellen, der Zivilgesellschaft stärkeren Einfluss im medialen und politischen Bereich verschaffen: das ist ein überzeugender Beitrag moderner Entwicklungszusammenarbeit.
Christine Busch
die Dependance für Brasilien arbeitet in Rio de Janeiro und für die spanischsprachigen Länder Lateinamerikas in Buenos Aires.
Hier werden soziale und politische Themen und Ereignisse so aufbereitet, dass sie von den angeschlossenen Sendern problemlos übernommen werden können: etwa sieben Nachrichten täglich zur Übertragung und zum Download, dazu fünf kleinere Reportagen -- auch in Audio-Fassung -- sowie Sonderberichte wie derzeit vom Weltsozialforum. Die Agencia Pulsar erweitert also die lokale Berichterstattung, indem sie wichtige Informationen allgemein aufbereitet, für den Austausch von Erfahrungen sorgt und in solcher Weise vernetzt, dass dezentrale Strukturen gestärkt werden. So trägt die Agentur zur Demokratisierung bzw. zur Stärkung der Rechte von Bürgerinnen und Bürgern bei.
Die Agencia Pulsar hat für ihre Arbeit eine Fachkraft des Evangelischen Entwicklungsdienstes gewonnen. Andreas Behn, ein Journalist aus Deutschland, arbeitet seit 2005 in Rio de Janeiro. Die wichtigsten Themen sind für ihn: Demokratisierung der Kommunikation, regionale Integration in Lateinamerika und internationale Handelsbeziehungen.
Die lokale Ebene durch Kommunikation stärken, Öffentlichkeit für wichtige Themen herstellen, der Zivilgesellschaft stärkeren Einfluss im medialen und politischen Bereich verschaffen: das ist ein überzeugender Beitrag moderner Entwicklungszusammenarbeit.
Christine Busch
Sonntag, 1. Februar 2009
Erklärungen der thematischen Foren am 2. und 3.2. im Internationalen Rat
Das 9. Weltsozialforum in Belém hat einen großen Schritt vorwärts getan: Zu circa 30 Themenbereichen trafen sich die Teilnehmer am Vormittag, um das Gehörte und Diskutierte der vergangenen Tage auszuwerten und um auszuloten, welche Aussagen gemeinsam getroffen werden können. Außerdem waren sie aufgefordert, Vorschläge für weltweite Aktionen zu unterbreiten. Resolutionen und Aktionsaufrufe werden ab morgen im Internationalen Rat des WSF gesichtet. Der EED vertritt dort APRODEV, den Dachverband evangelischer Hilfswerke und wird Ergebnisse in diesen Blog einstellen.
"Was bei den Menschen unmöglich ist, das ist bei Gott möglich" (Lk 18,27)
Andacht der EED-Delegation zum 30.1.2009
Dieser Text stammt aus der Geschichte, in der der reiche Jüngling Jesus nach der Möglichkeit fragt, wie er das ewige Leben erlangen kann. Jesus fordert ihn auf, auf seinen Reichtum zu verzichten – der reiche Jüngling geht traurig davon. Jesus kommentiert dieses Verhalten mit dem bekannten Satz: „Es ist leichter, dass ein Kamel durch ein Nadelöhr geht, als dass ein Reicher ins Reich Gottes kommt. Die Zuhörenden fragen entsetzt: „Wer kann dann selig werden?“ Jesus antwortet ihnen: „Bei Gott ist möglich, was Menschen unmöglich erscheint.
Für mich lässt diese Antwort Jesu zwei Deutungen zu. Die eine wäre: Gott gibt Menschen, wie dem reichen Jüngling, noch die
Möglichkeit, die Haltung zu ihrem Besitz zu ändern, und die andere: Bei Gott haben auch die eine Chance, die reich sind.
Das Weltsozialforum hat das Motto „Eine andere Welt ist möglich“. Bei den verschiedenen Veranstaltungen dieses Forums ist mir immer wieder der Wunsch nach Veränderungen für diese Welt begegnet und die Frage nach einem anderen Umgang miteinander sowie die Forderungen nach Verständnis, Fairness und Gerechtigkeit. Ich frage mich allerdings, ob sie ausreichen, um diese Welt zu verändern. Reicht der beispielhafte Einsatz der Campesinas für die kleinbäuerliche Landwirtschaft aus gegen die Agroindustrie, genügt der Protest von den zahlreichen Initiativen, um die ungerechten Marktmechanismen zu verändern? Genügen Appelle, endlich einsichtig zu werden und das Konsumverhalten und den Energieverbrauch zu verändern? Ich spüre Ohnmacht, Hilflosigkeit und Ratlosigkeit. Ist es möglich, menschenmöglich, diese Welt zu verändern?
Der Text der Tageslosung ist da wie ein Lichtblick. Er tröstet mich, denn ich lese daraus: Gott kann Dinge möglich machen, er kann Diktatoren, Politiker, Manager, Global Player... verändern. Er kann Unmögliches möglich machen. Trotzdem darf ich die Hände nicht in den Schoß legen. Es kann ja sein, dass Gott mich / Dich für diese Veränderung braucht. Dass er die Initiativen und das Engagement vieler Menschen braucht, um diese Welt so zu verändern, damit Unmögliches möglich wird.
Käthe Pühl
Dieser Text stammt aus der Geschichte, in der der reiche Jüngling Jesus nach der Möglichkeit fragt, wie er das ewige Leben erlangen kann. Jesus fordert ihn auf, auf seinen Reichtum zu verzichten – der reiche Jüngling geht traurig davon. Jesus kommentiert dieses Verhalten mit dem bekannten Satz: „Es ist leichter, dass ein Kamel durch ein Nadelöhr geht, als dass ein Reicher ins Reich Gottes kommt. Die Zuhörenden fragen entsetzt: „Wer kann dann selig werden?“ Jesus antwortet ihnen: „Bei Gott ist möglich, was Menschen unmöglich erscheint.
Für mich lässt diese Antwort Jesu zwei Deutungen zu. Die eine wäre: Gott gibt Menschen, wie dem reichen Jüngling, noch die
Möglichkeit, die Haltung zu ihrem Besitz zu ändern, und die andere: Bei Gott haben auch die eine Chance, die reich sind.
Das Weltsozialforum hat das Motto „Eine andere Welt ist möglich“. Bei den verschiedenen Veranstaltungen dieses Forums ist mir immer wieder der Wunsch nach Veränderungen für diese Welt begegnet und die Frage nach einem anderen Umgang miteinander sowie die Forderungen nach Verständnis, Fairness und Gerechtigkeit. Ich frage mich allerdings, ob sie ausreichen, um diese Welt zu verändern. Reicht der beispielhafte Einsatz der Campesinas für die kleinbäuerliche Landwirtschaft aus gegen die Agroindustrie, genügt der Protest von den zahlreichen Initiativen, um die ungerechten Marktmechanismen zu verändern? Genügen Appelle, endlich einsichtig zu werden und das Konsumverhalten und den Energieverbrauch zu verändern? Ich spüre Ohnmacht, Hilflosigkeit und Ratlosigkeit. Ist es möglich, menschenmöglich, diese Welt zu verändern?
Der Text der Tageslosung ist da wie ein Lichtblick. Er tröstet mich, denn ich lese daraus: Gott kann Dinge möglich machen, er kann Diktatoren, Politiker, Manager, Global Player... verändern. Er kann Unmögliches möglich machen. Trotzdem darf ich die Hände nicht in den Schoß legen. Es kann ja sein, dass Gott mich / Dich für diese Veränderung braucht. Dass er die Initiativen und das Engagement vieler Menschen braucht, um diese Welt so zu verändern, damit Unmögliches möglich wird.
Käthe Pühl
Samstag, 31. Januar 2009
Keine chicken schicken
Brasilianische Hähnchen den Brasilianern!
Na was denn sonst?
Der EED hat den globalen Hähnchenmarkt auf dem Weltsozialforum zum Thema gemacht. Betroffene und Experten aus Guinea Bisseau, Mozambique, Angola, Kamerun, Brasilien und Deutschland bestätigen:
Europäer essen Hühnerbrust, brasilianische Unternehmen entdecken den Markt, geben Kleinproduzenten Kredit für den Aufbau einer Hähnchenmast und wollen nach Europa exportieren, Europa denkt sich Handelshemmnisse aus, damit die eigenen Hähnchenfarmen keine Konkurrenz bekommen, andere Industrieländer und Brasilien selbst konsumieren Hähnchenbrust und was macht man mit Flügeln, Keulen und Rücken?
Einfach wegwerfen, weil die Hähnchenbrust schon die Produktionskosten und etwas für den Handel eingebracht hat? Das wäre doch zu schade. Also vielleicht nach Afrika? Die essen gerne und viel Huhn. Wenn man für den Export nach Afrika etwas mehr als die Transportkosten für das Hühnerklein bekommt, macht man schon Profit.
Afrikanische KonsumentInnen freuen sich über das extrem billige Hühnerklein, bis sie Bauschmerzen bekommen, weil irgendwo zwischen Kühlschiff im Hafen und Marktplatz im Hinterland die Kühlkette nicht funktioniert hat. Das kann schnell lebensgefährlich werden, aber niemand haftet und oft heilt auch niemand.
Und die afrikanischen Hühnerbauern? Die gehen Pleite, und zwar reihenweise. Mit quasi kostenlosen Importen können sie nicht konkurrieren. Kein Einkommen für die Familien, keine Schulkleidung, kein Schulgeld, weniger Bildung, mehr Hunger, kein Geld für Arztbesuche…
Wer profitiert? Der brasilianische Hühnerbauer? Der sitzt weinend auf dem Podium der Veranstaltung des WSF und beklagt sein Schicksal: Er kann seine Kredite nicht zurückzahlen. Die Preise für seine Hähnchen sind gesunken, die Zinsen für den Schuldendienst nicht. Die ganze Familie arbeitet was sie kann, aber sie kommt auf keinen grünen Zweig. Aufhören kann sie nicht, was soll sie sonst machen, um ihre riesigen Schulden zu tilgen?
Wer profitiert? Der globale Hähnchenhandel, die Futtermittelindustrie, der wohlhabende Konsument, der zum akzeptablen Preis Hühnerbrust isst, garantiert fettarm.
Was tun? Ganze Bio-Hühner kaufen und alles verwerten und insgesamt weniger Fleisch, globalen Export von Fleisch einstellen oder mindestens reduzieren, er richtet nur Schaden an.
Reinhard Benhöfer
Na was denn sonst?
Der EED hat den globalen Hähnchenmarkt auf dem Weltsozialforum zum Thema gemacht. Betroffene und Experten aus Guinea Bisseau, Mozambique, Angola, Kamerun, Brasilien und Deutschland bestätigen:
Europäer essen Hühnerbrust, brasilianische Unternehmen entdecken den Markt, geben Kleinproduzenten Kredit für den Aufbau einer Hähnchenmast und wollen nach Europa exportieren, Europa denkt sich Handelshemmnisse aus, damit die eigenen Hähnchenfarmen keine Konkurrenz bekommen, andere Industrieländer und Brasilien selbst konsumieren Hähnchenbrust und was macht man mit Flügeln, Keulen und Rücken?
Einfach wegwerfen, weil die Hähnchenbrust schon die Produktionskosten und etwas für den Handel eingebracht hat? Das wäre doch zu schade. Also vielleicht nach Afrika? Die essen gerne und viel Huhn. Wenn man für den Export nach Afrika etwas mehr als die Transportkosten für das Hühnerklein bekommt, macht man schon Profit.
Afrikanische KonsumentInnen freuen sich über das extrem billige Hühnerklein, bis sie Bauschmerzen bekommen, weil irgendwo zwischen Kühlschiff im Hafen und Marktplatz im Hinterland die Kühlkette nicht funktioniert hat. Das kann schnell lebensgefährlich werden, aber niemand haftet und oft heilt auch niemand.
Und die afrikanischen Hühnerbauern? Die gehen Pleite, und zwar reihenweise. Mit quasi kostenlosen Importen können sie nicht konkurrieren. Kein Einkommen für die Familien, keine Schulkleidung, kein Schulgeld, weniger Bildung, mehr Hunger, kein Geld für Arztbesuche…
Wer profitiert? Der brasilianische Hühnerbauer? Der sitzt weinend auf dem Podium der Veranstaltung des WSF und beklagt sein Schicksal: Er kann seine Kredite nicht zurückzahlen. Die Preise für seine Hähnchen sind gesunken, die Zinsen für den Schuldendienst nicht. Die ganze Familie arbeitet was sie kann, aber sie kommt auf keinen grünen Zweig. Aufhören kann sie nicht, was soll sie sonst machen, um ihre riesigen Schulden zu tilgen?
Wer profitiert? Der globale Hähnchenhandel, die Futtermittelindustrie, der wohlhabende Konsument, der zum akzeptablen Preis Hühnerbrust isst, garantiert fettarm.
Was tun? Ganze Bio-Hühner kaufen und alles verwerten und insgesamt weniger Fleisch, globalen Export von Fleisch einstellen oder mindestens reduzieren, er richtet nur Schaden an.
Reinhard Benhöfer
Gastrecht für Alle in einer globalisierten Welt - Partner des EED und von BfdW diskutieren über nachhaltige Entwicklung
Welche sind die entscheidenden Weichenstellungen für eine zukunftsfähige Wirtschafts- und Lebensweise? Nachdem EED und Brot für die Welt Ende 2008 zusammen mit dem BUND die Studie „Zukunftsfähiges Deutschland“ herausgegeben haben, beginnt mit dem Weltsozialforum der Austausch mit den Partnern der Hilfswerke darüber, ob wir zu gemeinsamen Vorstellungen dazu gelangen, wie wir in Zukunft leben und arbeiten, produzieren und konsumieren, Handel treiben und Energie erzeugen müssen, um weiteren Generationen die Zukunft nicht zu verbauen. Die Partner der Hilfswerke würden, kämen sie alle zusammen, ein eigenes kleines Weltsozialforum bilden. Am Abend des 31.1. sind in der Lutherischen Gemeinde von Belém freilich vor allem Menschen aus Mittel- und Südamerika, Afrika und Deutschland zusammen getroffen, mehr als 100 Menschen aus Basisbewegungen, NRO, Kirchen und Wissenschaft.
„Energie muss teurer werden, sonst gibt es keine Anreize für eine Wende zur Reduktion des Verbrauchs“ schlägt Reinhard Benhöfer von der Evangelisch-lutherischen Kirche Hannovers vor. Nur so könnten die Anstrengungen, auf solare Quellen umzusteigen, intensiviert werden. Dass das nicht nur für Deutschland gesagt war, sondern für Alle gelten würde, haben die Diskutanten vielleicht gar nicht wahrgenommen. Jedenfalls wird deutlich, dass wir zu diesem zentralen Aspekt einer nachhaltigen Energieversorgung Zurückhaltung erleben werden. Auch ein anderes Thema mit Sprengkraft wird nicht aufgenommen: Wie viel ökonomisches Wachstum, das den Ressourcenverbrauch in die Höhe treibt, wird noch möglich sein? Ist der Gipfel schon erreicht?
Dr. Walter Marschner von der Universität Grande Dourados erinnert daran, dass sich 80 % der Menschen als homo sapiens sapiens verhalten: Sie leben und verbrauchen so, dass die klimatischen Bedingungen nicht beeinträchtigt und die natürlichen Ressourcen noch lange reichen würden. 20 % allerdings bildeten die Klasse des homo sapiens globalis: Sie vergeuden und verschmutzen. Selbstkritisch fragt er aber auch an, warum das tropische Land Brasilien so gar nicht auf solare Energiequellen setze.
„Von den Europäern haben wir gelernt: Mein Bruder bin ich selbst“, erklärt uns Dr. Idrissa Embola aus Guinea-Bissau. Diese Denk- und Lebensweise sei nach dem Fall der Berliner Mauer anscheinend endgültig dabei, sich durchzusetzen. Das Wissen der Dorfgemeinschaften, zusammen zu überleben und einfach zu leben, sei in Afrika aber noch erhalten. Ob die losgetretene Lawine in seinem Kontinent aber noch aufzuhalten sei, sei fraglich: Die europäischen Konsumstandards seien zu verlockend.
Nach den Werten, die die Wirtschaft leiten, fragt auch die brasilianische Soziologin Maria Emilia Pacheco: Die Vermarktung des gesamten Lebens führe zwangsläufig dazu, sich im Konsum überbieten zu wollen. Es sei genau darauf zu achten, wer sich Ressourcen sichere.
Kontroversen sind an diesem Abend noch kaum aufgetreten – verhalten erinnert ein Diskutant aus Mozambique daran, dass die afrikanischen Böden überwiegend schlecht sein, dass eine Verbesserung der Anbaumethoden dringend erforderlich sei, um die Menschen in Afrika zu ernähren. Solche Diskurse werden die Hilfswerke mit ihren Partnern angehen müssen: Welche Bedarfe gibt es anderswo, die nicht so leicht abzustreiten sind, welche verschiedenen Wege müssen einzelne Länder in Anbetracht der extrem unterschiedlichen Entwicklung einschlagen? Die großen gegenwärtigen Krisen, so fasst Wilfried Steen vom Evangelischen Entwicklungsdienst die Diskussion zusammen, zwingen uns dazu, nachzudenken wie das „Gastrecht für Alle“ gewährleistet werden kann.
Jürgen Reichel
„Energie muss teurer werden, sonst gibt es keine Anreize für eine Wende zur Reduktion des Verbrauchs“ schlägt Reinhard Benhöfer von der Evangelisch-lutherischen Kirche Hannovers vor. Nur so könnten die Anstrengungen, auf solare Quellen umzusteigen, intensiviert werden. Dass das nicht nur für Deutschland gesagt war, sondern für Alle gelten würde, haben die Diskutanten vielleicht gar nicht wahrgenommen. Jedenfalls wird deutlich, dass wir zu diesem zentralen Aspekt einer nachhaltigen Energieversorgung Zurückhaltung erleben werden. Auch ein anderes Thema mit Sprengkraft wird nicht aufgenommen: Wie viel ökonomisches Wachstum, das den Ressourcenverbrauch in die Höhe treibt, wird noch möglich sein? Ist der Gipfel schon erreicht?
Dr. Walter Marschner von der Universität Grande Dourados erinnert daran, dass sich 80 % der Menschen als homo sapiens sapiens verhalten: Sie leben und verbrauchen so, dass die klimatischen Bedingungen nicht beeinträchtigt und die natürlichen Ressourcen noch lange reichen würden. 20 % allerdings bildeten die Klasse des homo sapiens globalis: Sie vergeuden und verschmutzen. Selbstkritisch fragt er aber auch an, warum das tropische Land Brasilien so gar nicht auf solare Energiequellen setze.
„Von den Europäern haben wir gelernt: Mein Bruder bin ich selbst“, erklärt uns Dr. Idrissa Embola aus Guinea-Bissau. Diese Denk- und Lebensweise sei nach dem Fall der Berliner Mauer anscheinend endgültig dabei, sich durchzusetzen. Das Wissen der Dorfgemeinschaften, zusammen zu überleben und einfach zu leben, sei in Afrika aber noch erhalten. Ob die losgetretene Lawine in seinem Kontinent aber noch aufzuhalten sei, sei fraglich: Die europäischen Konsumstandards seien zu verlockend.
Nach den Werten, die die Wirtschaft leiten, fragt auch die brasilianische Soziologin Maria Emilia Pacheco: Die Vermarktung des gesamten Lebens führe zwangsläufig dazu, sich im Konsum überbieten zu wollen. Es sei genau darauf zu achten, wer sich Ressourcen sichere.
Kontroversen sind an diesem Abend noch kaum aufgetreten – verhalten erinnert ein Diskutant aus Mozambique daran, dass die afrikanischen Böden überwiegend schlecht sein, dass eine Verbesserung der Anbaumethoden dringend erforderlich sei, um die Menschen in Afrika zu ernähren. Solche Diskurse werden die Hilfswerke mit ihren Partnern angehen müssen: Welche Bedarfe gibt es anderswo, die nicht so leicht abzustreiten sind, welche verschiedenen Wege müssen einzelne Länder in Anbetracht der extrem unterschiedlichen Entwicklung einschlagen? Die großen gegenwärtigen Krisen, so fasst Wilfried Steen vom Evangelischen Entwicklungsdienst die Diskussion zusammen, zwingen uns dazu, nachzudenken wie das „Gastrecht für Alle“ gewährleistet werden kann.
Jürgen Reichel
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